Wenn Sie davon sprechen, dass die Klimakrise auch von uns Technikern in vielen Bereichen ein Umdenken verlangt. An welche Bereiche denken Sie dabei konkret?
Da fallen mir unzählige Themen ein, die man grob unter den Privatbereich, den gesamten öffentlichen Sektor und natürlich unter die (produzierende) Wirtschaft subsumieren kann. Lassen Sie mich dieses Thema so beantworten. Grundsätzlich gibt es zwei Herangehensweisen. Erstens muss man die Frage stellen, werden bestimmte Anwendungen, die klimaschädliche Emissionen verursachen, überhaupt benötigt? Bei der Beantwortung dieser Frage muss man letztendlich für alles offen sein! Kommt man zweitens zu dem Entschluss, dass man eben auf bestimmten Anwendungen nicht verzichten kann, beziehungsweise will, muss man prüfen, wie die Emissionen reduziert oder überhaupt eliminiert werden können.
Denken Sie an den Individualverkehr, die Forderung diesen gänzlich abzuschaffen, hat noch niemand aufgestellt, wäre auch nicht durchsetzbar. Das heißt, es wird nach Alternativen gesucht und eine dieser ist die E-Mobilität. Diese macht aber nur unter der Voraussetzung einer CO2 neutralen Stromproduktion wirklich Sinn.
Welche Rolle spielt die Wärmepumpentechnologie im Zusammenhang mit der Emissionsreduktion für Sie?
Die Anwendung von Wärmepumpen für die Wärmebereitstellung kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Die Wärmepumpe hat bei der Wohnraumbeheizung in den letzten beiden Jahrzehnten kontinuierlich an Bedeutung gewonnen und zählt heute im Ein- und Mehrfamilienwohnhausbereich zur meistangewendeten Heizungstechnologie. Im industriellen Bereich ist diese Technologie noch nicht so etabliert.
Worauf führen Sie zurück, dass gerade die Industrie beim Einsatz von Wärmepumpen dem Privatbereich hinterher hinkt?
Da gibt es für mich im Wesentlichen zwei Gründe. Erstens, die technischen Anforderungen an die Anlagen sind hinsichtlich Verlässlichkeit und oft auch bezüglich geforderter Nutzungstemperatur wesentlich anspruchsvoller. Zweitens, in der Wirtschaft werden aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit vergleichsweise kürzere Amortisationszeiten gefordert.
Ist für Sie der Upgrader95° in diesem Sinne so ein gelungenes Beispiel eines derartigen Umdenkens?
Ja, ganz klar, der Upgrader95° ist gleich in mehrfacher Hinsicht ein gelungenes Beispiel für die Einleitung einer Innovationsentwicklung in der industriellen Anwendung. Nutzungstemperaturen bis 95°, bei richtiger Anwendung und Systemintegration günstige Amortisationszeiten, darüber hinaus wird mit der Verwendung von Ammoniak ein natürliches, umweltfreundliches, CO2 neutrales Kältemittel eingesetzt. Insofern wichtig, als künstliche Kältemittel mit einem hohen Treibhausgaspotential immer mehr in die Kritik geraten.
Und wie kann diese Technologie aus Ihrer Sicht stärker in das Bewusstsein der Entscheidungsträger gerückt werden?
Grundsätzlich muss man sagen, dass das Thema Treibhausgasreduktion angekommen ist! Nicht nur bei den Technikern, sondern auch im kaufmännischen Management. Der Einsatz von Wärmepumpentechnik für die Wärmebereitstellung spielt in der Diskussion heute eine, wenn nicht DIE Schlüsselrolle.
Und mit jeder neu installierten Anlage, die sorgfältig geplant ist, wird der Beweis geliefert, dass es Sinn macht, bestehende Abwärme zu nutzen und diese nicht zu „entsorgen“.
Wo liegen die größten Barrieren bei der Implementierung von Wärmepumpen?
So trivial oder abgedroschen es klingen mag, man muss vernetzt denken.
Was meine ich: Über Jahrzehnte hat man Ab(fall)wärme professionell „entsorgt“, weggekühlt und auf der anderen Seite Nutzungsenergie teuer produziert. Zwei Bereiche, die im Regelfall nichts miteinander zu tun hatten und daher auch nicht interagiert haben. Nun erkennt man die lange Zeit ungenutzte Ressource, die mit neuen Technologien zuverlässig genutzt werden kann. Entscheidend ist das integrale Zusammenwirken, um die auftretenden Schwankungen zwischen den beiden Bereichen Abwärme und geforderte Nutzungswärme auszugleichen. Dies ist aber bei entsprechender Planung lösbar, wie man sieht!
Eingefahrene Denkmuster sollen aufgebrochen werden, fordert die Jugend. Dabei stellt sie manch Hergebrachtes in Frage. Kommen von der Jugend auch die zu erwartenden Innovationsimpulse?
Die meisten, die sich für ein Technikstudium entscheiden, sind auch sehr engagiert in diesem Thema. Um die Herausforderungen der Zukunft zu stemmen, sind die besten technischen Lösungen gefragt. Die bisherigen Errungenschaften, auf die niemand verzichten will, beginnen bei der Internetnutzung und hören beim e-gaming auf, benötigen Energie, viel Energie. Hier entsprechende ressourcenschonende Alternativen zu entwickeln, erfordert hervorragende Techniker. Wir verfügen über zu wenig Nachwuchs, aber auch über zu wenig Umsetzer. Ideen und insbesondere das in der Politik so modere inflationäre Formulieren von Zielen, reichen sicher nicht! Engagiertes Handeln ist gefragt!
Wir bedanken uns für das Gespräch.